Deutscher Umweltpreis für CDRterra-Forscherin Dr. Franziska Tanneberger
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreichte die Auszeichnung in Mainz.
Mainz, 27. Oktober 2024 – Dr. Franziska Tanneberger, eine der weltweit führenden Expert:innen für Moorforschung, wurde heute mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet. Die mit insgesamt 500.000 Euro dotierte Ehrung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) würdigt ihr herausragendes Engagement für die Wiedervernässung von Mooren in Deutschland und als Brückenbauerin zwischen Wissenschaft, Politik und Landwirtschaft. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreichte die Auszeichnung im Rahmen einer feierlichen Zeremonie in der Mainzer Rheingoldhalle.
Tanneberger leitet das Greifswald Moor Centrum in Mecklenburg-Vorpommern und forscht im Forschungsprogramm CDRterra im Projekt BioNET zur Klimawirkung von Mooren und Paludikultur. Sie sieht in der Wiedervernässung von Mooren eine zentrale Maßnahme zur Bekämpfung des Klimawandels. „Moore sind nicht nur wichtige Kohlenstoffsenken, sondern auch essenzielle Lebensräume für viele Arten“, betont Tanneberger.
Die Wissenschaftlerin teilt sich den Preis mit Thomas Speidel, Geschäftsführer des Unternehmens ads-tec Energy. Mit ihrem Anteil plant sie, die Arbeit des Greifswald Moor Centrum zu Moorforschung und -schutz weiter auszubauen. Tanneberger war maßgeblich an der Erstellung des „Global Peatlands Assessment” beteiligt, dem ersten globalen Bericht über den Zustand der Moore, 2022 herausgegeben vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP). Zudem arbeitete sie an der globalen Moorkarte und am Mooratlas mit.
Das Moor sei eine „oft wenig geschätzte Landschaft“ gewesen, sagte Bundespräsident Steinmeier. Dies habe auch dazu geführt, „dass die Moore wenig wertgeschätzt, leichthin geopfert, trockengelegt und der landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt wurden“. Aus entwässerten Mooren entweichen klimaschädliche Gase in großen Mengen. Nach Steinmeiers Worten ist Moor in Erzählungen, Romanen, Liedern und Lyrik kaum Thema – und wenn, dann eher in düsteren Varianten wie etwa bei der westfälischen Dichterin Annette von Droste-Hülshoff. Tanneberger sei es jedoch gelungen, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, „wie bedeutend intakte Moore für ein gutes Klima und auch für die Biodiversität sind“.
Warum sind Moore so wichtig für Klima und Biodiversität?
„Nasse Moore spielen eine entscheidende Rolle als natürliche Kohlenstoffsenken und Wasserspeicher sowie für die Lebensvielfalt und die Regulierung des Nährstoffhaushalts“, erläutert Tanneberger. In Deutschland sind jedoch etwa 94 Prozent aller Moorflächen entwässert, was massive CO2-Emissionen zur Folge hat. Im Jahr 2021 entwichen schätzungsweise 53 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente aus trockengelegten Mooren. Das macht rund 7 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland aus. Zusätzlich zu den Klimafolgen führt die Entwässerung auch zum Verlust der Artenvielfalt. Der kleine Moorvogel Seggenrohrsänger beispielsweise ist in diesem Jahr in Deutschland ausgestorben.
„Um die Emissionen zu mindern, ist der einzig sinnvolle Weg, die Entwässerung der Moore zu beenden. Damit wir die Klimaziele der Bundesregierung einhalten und die Emissionen bis 2045 auf netto null bringen können, müssten jedes Jahr allerdings mindestens 50 000 Hektar entwässerte Moore wiedervernässt werden“, so Tanneberger.
Paludikultur: Nachhaltige Nutzung nasser Moore
Die Wiedervernässung von Mooren schließt eine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung nicht aus, ganz im Gegenteil. Durch die Nutzung von Schilf, Seggen und Torfmoosen können wertvolle Rohstoffe gewonnen und gleichzeitig Emissionen gesenkt werden. Diese Art von Landnutzung wird als Paludikultur bezeichnet.
„Die nachhaltige Bewirtschaftung von nassen oder wiedervernässten Mooren verhindert hohe CO2-Emissionen und entzieht der Atmosphäre CO2. Das eigentliche Wiedervernässen ist meistens auch gar nicht so schwer. Aber man braucht das Einverständnis aller Beteiligten. Oft gibt es sehr viele unterschiedliche Eigentümer:innen und es ist dann ein sehr aufwendiger Prozess“, so die Moorforscherin. „Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Zusammenarbeit mit den Eigentümer:innen vor Ort und umfassenden Informationskampagnen.“ Auch eine klimafreundliche Agrarpolitik sei notwendig, um eine Abkehr von der traditionellen Entwässerung zu ermöglichen.
Über Dr. Franziska Tanneberger
Dr. Franziska Tanneberger wuchs in Ost-Berlin auf und studierte Landschaftsökologie und Naturschutz an der Universität Greifswald. Ihre Studienaufenthalte in Sibirien weckten ihr Interesse an Mooren. Nach verschiedenen Naturschutzprojekten in Belarus und Polen leitet sie seit 2015 das Greifswald Moor Centrum, seit 2021 forscht sie im CDRterra-Projekt BioNET.
Über CDRterra
Im Forschungsprogramm CDRterra untersuchen über 100 Forschende in zehn Verbundprojekten, wie und in welchem Umfang landbasierte CO2-Entnahmemethoden zur Begrenzung des Klimawandels beitragen können. Im Verbundprojekt BioNET werden dieCO2-Entnahmepotenziale von Ansätzen erforscht, bei denen Kohlenstoff in Biomasse und Boden gebunden wird.
Ziel von CDRterra ist die Entwicklung eines umfassenden Bewertungsrahmens für CDR-Methoden und -Portfolios. Dieser soll als Wissensgrundlage dienen, auf der ein sinnvoller Mix an Methoden zur CO2-Entnahme für Deutschland entwickelt werden kann. CDRterra wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit circa 21 Millionen Euro für zunächst knapp vier Jahre gefördert. Es ist im Oktober 2021 gestartet und wird von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) koordiniert.
An CDRterra sind folgende Einrichtungen beteiligt: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Universität Bonn, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Deutsches Biomasseforschungszentrum (DBFZ), Thünen-Institut, Universität Hamburg (UH), TechnoCarbon Technologies, Labor für Stahl- und Leichtmetallbau (LSL), Deutsches Institut für Textil- und Faserforschung (DITF), Hochschule Geisenheim, Universität Hamburg, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), Climate Analytics, Adelphi Research, Perspectives Climate Research, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (UFR), Technische Universität München (TUM), Hochschule Zittau/Görlitz, Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), Universität Greifswald, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen, Leibniz Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF), Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Universität Stuttgart, Technische Universität Darmstadt, Universität Ulm, Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB), Helmholtz-Zentrum hereon, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC), Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS), GEOMAR – Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und das Deutsche Museum (DM).
Mehr Infos über CDRterra.
Mehr Infos über BioNET.
CDRterra-Factsheets mit weiteren Infos über CO2-Entnahmemethoden.
Pressekontakt/für Interviewanfragen:
Karin Adolph
Public Relations CDRterra
Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, Department für Geographie
Luisenstr. 37, 80333 München
Phone: 089 21806594
karin.adolph@lmu.de
https://twitter.com/CDRterra
Herzlichen Dank an die Deutsche Bundesstiftung Umwelt für die Bereitstellung von Pressematerial.